Das Schuljahr 2017/2018 ist nun schon der sechste Schuljahresbeginn, zu dem Senatorin Scheeres die Rahmenbedingungen setzt. Welches Bild von der Berliner Schule bietet sich uns heute?
Hildegard Bentele, bildungspolitische Sprecherin Hildegard Bentele, bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, erklärt:
Das Schuljahr 2017/2018 ist nun schon der sechste Schuljahresbeginn, zu dem Senatorin Scheeres die Rahmenbedingungen setzt. Welches Bild von der Berliner Schule bietet sich uns heute?
Bei der Richtgröße, die wir für die entscheidende in der Bildungspolitik halten, nämlich den Lehrern, schlägt die Senatorin die gleiche Strategie ein wie schon in den letzten Jahren: Sie versucht mit Zahlen auf dem Papier zu beeindrucken, aber sie ist längst durchschaut. Mehr nicht voll ausgebildete Grundschullehrer einstellen zu müssen als richtig ausgebildete Lehrer, ist ein Offenbarungseid für ihre Personalpolitik und die Unterrichtsqualität in Berlin. Wo man auch hinschaut: Bei der SPD geht Quantität vor Qualität. Hauptsache, die Kinder sind untergebracht, ob sie auch etwas lernen, ist zweitrangig. Die Diskussion in der rot-rot-grünen Koalition, ob nun Millionen in Gratis-Schulbücher oder Gratis-Schülerfahrkarten gesteckt werden sollen, mutet daher schaurig an: Jeder Cent gehört in die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Lehrer, in deren Qualifizierung und Rekrutierung gesteckt! Und angesichts dieser katastrophalen Ausgangslage, in der sogar Personen an Grundschulen eingestellt werden, die laut Gesamtpersonalratsvorsitzendem die deutsche Sprache nicht richtig beherrschen, spricht die Senatsbildungsverwaltung von der Einführung einer „verlässlichen personellen Grundausstattung“ für die Aufnahme von noch mehr Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Grundschulen: Lehrer ohne Ausbildung, aber mit hoher Unterrichtsverpflichtung, noch größere und heterogenere Klassen, keine Methodenkritik (Stichwort „Schreiben nach Gehör“, VERA-3) – man könnte sich verhöhnt vorkommen, wenn es nicht so traurig wäre.
Im Bereich Schulbau und Schulsanierung hat Senatorin Scheeres in der Zwischenzeit eine Hydra von Grüppchen und Zuständigkeiten geschaffen. Die Neuigkeit zu Schuljahresbeginn ist doch tatsächlich, dass zur eigentlich federführenden Schulbau-Taskforce noch eine Projektgruppe eingerichtet wird. Worum es aber eigentlich gehen müsste, und das vertreten wir schon lange, ist eine radikale Vereinfachung von Verfahren, die Zusammenlegung aller Töpfe, die Überwindung der Jährlichkeit, mehr und besser bezahltes Personal für die Bezirke und deren Unterstützung bei generellen Vorgaben und bestimmten Dienstleistungen. „Jede Schule wird angefasst“, hat der Regierende Bürgermeister Müller im Mai 2016 versprochen – 15 Monate später gibt es diesen schulgenauen Bau- und Sanierungsplan immer noch nicht, sondern Konfrontation mit den Schulträgern, den Bezirken und dazu Ablenkungsmanöver für die Eltern. Gar keine Rede ist von der Ausstattung aller Schulen mit ausreichend Hausmeistern, obwohl diese gerade angesichts der Tatsache, dass noch mehr Geld für Instandhaltungsmaßnahmen direkt an die Schulen fließen soll, sowohl von Schulleitern im Rahmen des Ganztagsbetriebs als auch von den Schulträgern dringend gefordert werden.
In puncto Förderung der Mehrsprachigkeit, bei dem das Babylon Berlin Pionier sein könnte und es mit Blick auf den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort auch sein muss, wirft Senatorin Scheeres Nebelkerzen. Anstatt eines klaren Bekenntnisses zum Ausbau der nachgefragtesten bilingualen Sprachangebote, Planungssicherheit für die Europaschulen und dem Aufbau weiterer staatlicher internationaler Schulen, was für die Eltern am wichtigsten wäre, sollen sich alle ein bisschen mehr vernetzen und sporadisch Sprach-AGs eingerichtet werden. Eine echte Strategie, die Schul-, Lehrplan- und Methodenentwicklung sowie Lehrerausbildung und Lehrerrekrutierung umfassen müsste und sich zumindest perspektivisch im Fach Türkisch vom Konsulatsunterricht verabschiedet, sieht definitiv anders aus!
Auch wenn Senatorin Scheeres den drastischen Qualitätsverfall beim Lehrpersonal verschweigen wollte, selbst in der schönfärbenden Pressemitteilung zum Schuljahresbeginn finden sich kleine „Bomben“: Für Lehrer, die im neuen Schuljahr Flüchtlingskinder aus den Willkommensklassen in ihre Klassen bekommen, sollen Fortbildungen angeboten werden. Das ist schön, was jedoch dringend gebraucht wird, sind zusätzliches Personal und Stunden zur Unterstützung der Flüchtlingskinder in den Regelklassen, da vor allem in den Oberschulen die meisten sowohl sprachlich als auch fachlich noch weit davon entfernt sind, dem Regelunterricht voll folgen zu können. Von solchen notwendigen Unterstützungsmaßnahmen für gelingende Integration ist in der Ankündigung der Senatorin keine Rede.
Schulhilfemaßnahmen betreffen Schüler, die im Regelunterricht nicht mehr beschulbar sind, hier gibt es einen hohen Anstieg von 26 % mehr Lehrerstunden. Gescheiterte Inklusion? Noch mehr Schulschwänzer? Nicht integrierbare Flüchtlinge? Wie sieht die Wahrheit an der Berliner Schule aus? Und warum bleibt die Anzahl der Referendariatsplätze angesichts steigender Schülerzahlen und einzustellender Lehrer gleich?